Stitches and Sutures
Projektleitung: Barbara Graf
PhD Projekt in Künstlerischer Forschung, 2018-2024
Das künstlerische Forschungsprojekt Stitches and Sutures erforscht Möglichkeiten, gelebte Erfahrungen sichtbar zu machen. Ausgangspunkt ist das wiederholte Auftreten von Empfindungsstörungen, die durch eine chronische Krankheit verursacht werden. Diese Irritation in der eigenen Körperwahrnehmung bringt ein Gefühl der Entfremdung mit sich. Seit Jahrzehnten beschäftige ich mich mit textilen Darstellungen des Körpers und Körperlichkeit. Die Entdeckung, dass gegenwärtig erlebte Körperphänomene denen ähneln, die sich in meinen früheren Arbeiten verkörperten, wirft Fragen über Körperbewusstsein, Körpergedächtnis und das körperliche Unbewusste auf. Es handelt sich um innerkörperliche Phänomene, die durch die Erkrankung hervorgerufen und so wahrgenommen werden, als wären sie taktile Empfindungen. Eine der entscheidenden Fragen, die ich mir stelle, ist in der Tat eine doppelte: Welche Sprachen und Erinnerungen stehen mir zur Verfügung, um das Unsichtbare sichtbar zu machen? Und erleichtert mir die künstlerische Forschung den Umgang mit der Erkrankung? Dient sie mir als Unterstützung im Prozess der Wiederaneignung eines Körpers, den ich als fremd empfinde? Von besonderem Interesse ist auch die Frage, ob und wie subjektive Wahrnehmungen als ‘Verkörperungen’ visuell vermittelt werden können und welche Relevanz diese Verkörperungen sowohl für die Medical Humanities als auch im klinischen Kontext haben können. Der Titel des Projekts ist wörtlich als Arbeit mit Nadel und Faden zu verstehen, aber auch als konzeptuelle Herangehensweise. Ich stelle mir die Frage, ob ich Jacques Lacans ‘Naht’ (‘suture’) als Grundlage für eine künstlerische Methode verwenden kann. Dieser Begriff steht für einen Prozess, bei dem die Vergangenheit rückwirkend mit Stichen als Bedeutungsproduktion versehen wird. Textilmembranen und Zeichenpapier sind die ‘Leinwand’ für die Aufzeichnungen körperlicher Empfindungen und ein Mittel, das es mir ermöglicht, über den Übergang von der Empfindung zur Wahrnehmung und von der Wahrnehmung zur visuellen Darstellung zu reflektieren – ein Prozess, der in einem Phänomenologischen Archiv der Körperempfindungen mündet.